Pakistan 2010

Hilfseinatz nach starkem Monsunregen

Im Juli und August 2010 kam es vom 27. Juli an im nordwestlichen Pakistan als Folge eines außergewöhnlich starken Monsunregens zu Überschwemmungen, bei denen bis zum 3. September 2010 offiziell 1738 Menschen ums Leben kamen. 1781018 Häuser wurden beschädigt. Betroffen war zuerst die Provinz Khyber Pakhtunkhwa, die an der Grenze zu Afghanistan liegt. Die Wassermengen zerstörten zunächst vor allem zahlreiche neu errichtete Brücken und Straßen im Einzugsgebiet des Swat und am Oberlauf des Indus, bevor sie den gesamten Flusslauf bis nach Sindh am Indischen Ozean beeinträchtigten. Laut dem UN-Nothilfekoordinator waren mehr als 14 Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen, von denen mindestens 6 bis 7 Millionen unmittelbar humanitäre Hilfe benötigen; Tausende wurden zu Umweltflüchtlingen.

Das Fact Finding Team kommt am 20. August in Islamabad an. Es soll vor Ort die Lage sondieren und erkunden, um so detaillierte und gesicherte Informationen für eine mögliche Einsatzentscheidung zu erhalten. Es wurde bereits Kontakt zur Deutschen Botschaft und der UN aufgenommen. Die Verhandlungen vor Ort werden mindestens zwei Tage in Anspruch nehmen, während in Moosburg ein möglicher Einsatz vorbereitet wird.

Das Vorausteam ist am 21. August bereits in das etwa 600 Kilometer entfernte Multan unterwegs. Der Ort liegt im Südosten Pakistans. Die drei Mitarbeiter von Navis e.V. erledigen alle Formalitäten, finden Fahrer und Dolmetscher, organisieren die Transporte von Team und Hilfsgütern und legen den Standpunkt des Camps fest. Der Einsatzort befindet sich 100 Kilometer südwestlich von Multan und hat ungefähr 10000 Einwohner.

Medizinische Hilfe und sauberes Wasser

Die häufigsten Krankheitsbilder, unter denen die hiesige Bevölkerung leidet, sind: Durchfallerkrankungen, Haut- und Pilzerkrankungen, Atemwegsinfekte, Abszesse, Fieber, Dehydration, sowie Schlangen- und Skorpionbisse. Das Patientenvolumen liegt bei etwa 250 täglich. Wichtig ist die getrennte Behandlung von Männern und Frauen.

Von Frankfurt aus startet der erste Teil des Teams mit fünf Helfern, ein paar Tage später dann fünf weitere Mitglieder in das Einsatzgebiet. Drei Tonnen Fracht sind mit an Bord. Mit dem Aufbau der Zelte und Trinkwasseranlage wird am 28. August begonnen. Bereits am Nachmittag wird das erste saubere Wasser produziert. Die zweite Wasseraufbereitungsanlage wird nach Kot Abbu gebracht und das Infusionszelt aufgebaut.

Der erste große Teil der medizinischen Fracht trifft am 1. September ein, die Behandlungsräume werden eingerichtet: Bei den meisten Patienten handelt es sich um Kinder. Die Aufbereitungsanlage produziert 1500 Liter sauberes Trinkwasser in der Stunde. Die Aufgabe der Techniker besteht jetzt darin, Einheimischen die Funktionsweise der Anlage zu erläutern.

Verabschiedung von Team 1a am 7. September, Team 2a ist auf dem Weg nach Lahore. Zusätzlich werden noch Medikamente, Verbandsmaterial, chirurgische Bestecke, diverse Gerätschaften für die
Techniker und Trinkpulver mit nach Pakistan geschickt. Team 1b reist drei Tage später ab und wird kurz darauf durch die Teilnehmer 2b ersetzt.

Am 21. September wird Team 2a verabschiedet, der Rest des Teams muss, bis Team 3a eintrifft, doppelte Arbeit verrichten. Nach einer Woche endet der erste Tag für das komplette Team 3 mit 400 behandelten Patienten. Es werden vier kleinere Operationen durchgeführt, sowie die mitgebrachten Medikamente und Ausrüstungsgegenstände aufgefüllt. Ganz überraschend kommt am Vormittag das pakistanische Fernsehen und erstellt einen Beitrag für die Abendnachrichten.

Anfang Oktober scheint es, als wäre die Zahl an Patienten rückläufig, trotzdem sind immer wieder sehr interessante Fälle dabei, z.B. Kinder mit extrem hohem Fieber, sowie mehrere behinderte und retardierte (in der Entwicklung verzögerte) junge Menschen.

Team 4, die letzte Einheit, ist mit weiterem medizinischem Material auf dem Weg nach Pakistan, Team 3 auf dem Rückflug. Eine Wasseraufbereitungsanlage bleibt vor Ort, die zweite wird von Team 4 abgebaut und zusammen mit weiteren Hilfsgütern für die Rückkehr vorbereitet.

In Islamabad findet vor dem Rückflug des letzten Teams noch ein Abschiedsdinner statt.

Der Ex-Premier von Pakistan, der Ex-Chief-Minister von Punjab, der deutsche Botschafter und sein Stellvertreter danken den verbliebenen Helfern stellvertretend für NAVIS e.V.

Am 19. Oktober 2010 landet schließlich das letzte Team erschöpft, aber wohlbehalten, wieder in München.

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